Der Fachkräftemangel, egal ob in der Pflege oder im Handwerk, ist derzeit in aller Munde – nicht zuletzt ist dieser dem demografischen Wandel geschuldet. Für das Jahr 2035 wird prognostiziert, dass die Zahl der Personen im erwerbstätigen Alter (19 bis 67 Jahren) zwischen 46 und 48 Millionen Menschen betragen. Im Vergleich zum Jahr 2020 entspräche dies einem Rückgang von bis zu elf Prozent. Ob ein Praktikum den Handwerksbetrieben zu mehr Auszubildenden verhilft?

Praktikant:innen im Handwerk: Diese Praktikumsarten gibt es
Um die Handwerksberufe und Arbeitsplätze überhaupt kennenzulernen, ist ein Praktikum oftmals die beste Gelegenheit. Die jungen Menschen schnuppern die Luft des Arbeitslebens, blicken hinter die Kulissen und packen selbst mit an. Danach ist den Praktikant:innen schnell klar: Der Beruf passt zu mir – oder eben nicht. So erleichtern Praktika die Berufswahl und verringern das Risiko, eine (berufliche) Fehlentscheidung zu treffen.
Schülerpraktikum im Handwerk
Früher oder später müssen alle Schüler:innen der Sekundarstufe I in ein Schülerpraktikum gehen. In dieser Zeit sind sie von der Schule freigestellt und arbeiten zwischen zwei und drei Wochen in einem Betrieb ihrer Wahl. Warum sollten Sie sich nicht für das Handwerk entscheiden? Meistens werden die Schüler:innen von den Lehrer:innen ein Jahr vor Beginn des Praktikums darauf vorbereitet. Das schulische Betriebspraktikum bietet den jungenn Menschen eine großartige Chance, erste Arbeitserfahrungen zu sammeln. Doch auch für Dich ist das eine gute Gelegenheut, die Du für Deinen Betrieb nutzen solltest! Präge die ersten Berufserfahrungen im Handwerk und hilf den Schüler:innen ihre Talente und Neigungen in Deinem Handwerksbetrieb zu fordern als auch zu fördern.
Tipp: Mache auf Deiner Webseite darauf aufmerksam, ob Du Praktikant:innen suchst.
Pflichtpraktikum im Handwerk
Ein Pflichtpraktikum ist ein Praktikum, das im Rahmen der Studien- oder Prüfungsordnung von Studierenden vorgeschrieben ist. Es ist zwingend notwendig, um seinen Hochschulabschluss zu erhalten. Ein Praktikum im Handwerk ist meist nicht Voraussetzung, aber auch möglich.
Tipp: Überlege Dir, welche Studienfächer mit Deinem Handwerk übereinstimmen und versuche Student:innen von einem Pflichtpraktikum bei Dir zu überzeugen.
Freiwilliges Praktikum im Handwerk
Praktika werden in einigen Fällen auch freiwillig absolviert. Die Chance, einen guten Einblick in die Berufswelt zu bekommen, ist eine große Motivation, die die jungen Menschen gerne nutzen. Die Praktikumsdauer ist hier flexibler festzulegen und vereinbarst Du, statt mit den Schul- und Prüfungsordnungen, mit den Praktikant:innen selbst.
Wichtig: Minderjährige Praktikant:innen müssen hierfür mindestens 15 Jahre alt sein müssen, um sich für ein freiwilliges Praktikum bei Dir zu bewerben.
Diese Vorteile bieten Praktikant:innen für Deinen Handwerksbetrieb
Es gibt viele Gründe, warum Du Praktikumsplätze anbieten und Praktikant:innen einstellen solltest. Einer der Hauptgründe ist, Praktikant:innen als möglichen Schritt Richtung Mitarbeitergewinnung anzusehen und die damit verbundene Nachwuchssicherung anzugehen. Gleichzeitig leisten Praktikant:innen mit ihrer Arbeitskraft wertvolle Unterstützung und entlasten Deine Mitarbeiter:innen. Praktikant:innen bringen neue Sichtweisen und neuen Schwung in Deine Arbeit. Sie können Dir ebenfalls dabei helfen, die Reputation Deiner Unternehmensmarke zu steigern.
Die Vorteile für Deinen Handwerksbetrieb im Überblick:
- Mitarbeitergewinnung und Nachwuchsbindung: Oft entwickelt sich aus einem Praktikumsplatz ein möglicher Ausbildungsplatz bzw. kann ein weiteres Beschäftigungsverhältnis bereithalten.
- Die mit Praktikant:innen verbundene Nachwuchsförderung ist eine Möglichkeit, sich nach außen hin ein gutes Image aufzubauen und sich bei einer jüngeren Zielgruppen bekanntzumachen.
- Praktikant:innen sind flexibel einsetzbar und übernehmen Arbeiten, für die bislang keine Zeit war.
- Praktikant:innen entlasten andere Mitarbeiter:innen.
- Im Handwerk können Praktikant:innen schnell eingesetzt werden. Es gibt mit Sichterheit viele Aufgaben, die Du abgeben kannst.
- Du kannst die Praktikumszeit nutzen, und Dich intensiver mit unternehmerischen Fragestellungen befassen, wofür Dir manchmal die Zeit fehlt.
Das muss Dein Handwerksbetrieb bei einem Praktikum beachten
Viele Handwerksbetriebe ermöglichen es Jugendlichen sowie jungen Erwachsenen, in ihr Gewerk reinzuschnuppern. Sie bekommen die Möglichkeit, sich in der Praxis zu beweisen, neue Fertigkeiten zu erlernen und Leidenschaften zu entwickeln. Und nicht wenige Unternehmen haben dadurch selbst schon Auszubildende gefunden. Bevor es so weit ist, stellt sich häufig die Frage nach den rechtlichen Regelungen – von Ansprüchen des Praktikant:innen über den Vertrag bis hin zur Sozialversicherung. Doch welche Formalitäten sind bei Praktika einzuhalten?
Muss ich Praktikant:innen bezahlen?
Es kommt immer darauf an, um welche Form von Praktikum es sich handelt. Ein Pflichtpraktikum während der Schulzeit muss nicht entlohnt werden. Ebenso sieht es mit Praktika aus, die von der Universität vorgeschrieben sind. Manche Handwerksbetriebe sind allerdings so fair und zahlen selbst ihren Pflichtpraktikanten eine Aufwandsentschädigung.
Wer ein freiwilliges Praktikum absolviert, hat Anspruch auf eine Vergütung. Denn für freiwillige Praktikant:innen gilt das Berufsausbildungsgesetz. Kleiner Wissensfakt am Rande: Das Berufsausbildungsgesetz ist vorwiegend auf die Auszubildenden ausgerichtet. §26 des Gesetzes besagt, dass Praktikant:innen, die ein freiwilliges Praktikum absolvieren, das Recht auf ein Gehalt haben.
Wie werden Praktikant:innen im Handwerk versichert?
Es gibt viele Möglichkeiten, wie und wann ein Praktikum absolviert werden kann. Je nachdem ob das Praktikum verpflichtend ist oder ob es freiwillig angetreten wird, kann das für Dich verschiedene Auswirkungen hinsichtlich der Versicherung haben.
Hast Du eine:n Student:in für ein Pflichtpraktikum eingestellt, musst Du grundsätzlich keine Versicherungsbeiträge zahlen, da der/die Student:in über die Hochschule versichert ist. Das gleiche gilt auch für Schülerpraktikant:innen.
Bei einem freiwilligen Praktikum bist Du der/die Hauptarbeitgeber:in. Deswegen hast Du auch die Pflicht, Versicherungsbeiträge zu entrichten. Informiere Dich deswegen über die verschiedenen Versicherungen im Einzelfall.
Haben Praktikant:innen Anspruch auf Urlaub?
Bei einem freiwilligen Praktikum haben Praktikant:innen, laut Bundesurlaubsgesetz §26 BBiG, ab sechs Monaten Praktikumsdauer und einer Fünf-Tage-Woche Anspruch auf mindestens 20 Tage Urlaub pro Jahr. In den meisten Fällen wird das Praktikum kein ganzes Jahr dauern, dann rechnest Du die Tage pro Jahr natürlich auf jeden einzelnen Monat runter. Konkret heißt das: Beträgt die Dauer des freiwilligen Praktikums mindestens einen Monat, aber maximal fünf Monate, stehen den Praktikant:innen insgesamt zwei freie Arbeitstage pro Monat zur Verfügung.
Handelt es sich jedoch um ein Pflichtpraktikum, haben Praktikant:innen keinen Anspruch auf Urlaub. Das liegt darin begründet, dass das Studium als vordergründig erachtet wird und das Praktikum als Bestandteil des Studiums gilt. Rein rechtlich sind die Praktikant:innen dann immer noch Studierende und keine Arbeitnehmenden.
Praktikant:innen, die noch nicht volljährig sind, haben in jedem Fall Anspruch auf Urlaub im Praktikum – egal, ob es sich um ein freiwilliges Praktikum oder ein Pflichtpraktikum handelt und unabhängig von der Dauer des Praktikums.
Wie lange und wie viel dürfen Praktikant:innen arbeiten?
Wenn Deine Praktikant:innen zwischen 15 und 17 Jahre alt sind, dann dürfen sie höchstens acht Stunden pro Tag arbeiten. Die Arbeitszeit muss nach sechs Uhr am Morgen und vor 20 Uhr am Abend sein. An Samstagen, Sonntagen und auch an Feiertagen darfst Du Deine Praktikant:innen nicht einsetzen. Die Pausenzeiten sind in den vorgegebenen Arbeitszeiten nicht inkludiert. Ausnahmen bilden folgende Handwerksbetriebe: Bäckereien, Landwirtschaft, mehrschichtige Betriebe sowie Gaststätten.
Für volljährige Praktikant:innen gilt, dass die tägliche Arbeitszeit bei acht Stunden liegen sollte. Ausnahmen sind jedoch erlaubt. Im Arbeitszeitgesetz steht nämlich, dass die Arbeitszeit regelmäßig acht Stunden betragen soll. So können Deine Praktikant:innen an Tagen, an denen sehr viel zu tun ist, auch mal neun Stunden im Betrieb arbeiten. Und an Tagen, an denen weniger los ist, bereits nach sieben Stunden Feierabend machen. So beträgt die Arbeitszeit im Durchschnitt trotzdem acht Stunden. Länger als zehn Stunden dürfen aber auch volljährige Praktikant:innen nicht beschäftigt werden.
Handwerksberufe kennenlernen: Praktikumstipps für Betriebe
- Dein aktueller Azubi ist Dein:e bester Botschafter:in. Schicke Deinen Azubi in Schulen, auf Ausbildungsmessen oder Universitäten in der Region. Dieser kann anderen Jugendlichen aus erster Hand erzählen, was eine handwerkliche Tätigkeit ausmacht und welche Aufgaben Praktikant:innen in Deinem Betrieb erwarten. Gleichzeitig kannst Du Deinen Azubi auch als Influencer in Sachen Handwerk auf den sozialen Medien einsetzen.
- Eine eigene Homepage erstellen und auf Praktikumsplätze hinweisen. Eine Webseite ist immer von Vorteil. Jugendliche und junge Erwachsene suchen vor allem im Internet nach Praktikumsplätzen. Wenn Deine Webseite diesbezüglich viele Informationen bietet, wird sie schneller von potenziellen Praktikant:innen gefunden.
- Mache Deiner Region auf Dich aufmerksam. Damit zukünftige Praktikant:innen überhaupt Deine Qualitäten als Handwerksbetrieb kennenlernen können, müssen sie zunächst auf Dich aufmerksam werden. Gehe dorthin, wo sich auch Deine potenziellen Praktikant:innen bewegen. Veranstalte einen Tag der offenen Tür, bei dem die Jugendlichen und jungen Erwachsenen das Handwerk und Deinen Betrieb besser kennenlernen können. Lade auch zum Girls- oder Boys-Day ein.
- Eröffne Perspektiven. Heutige Berufseinsteiger:innen wollen im Unternehmen schnell aufsteigen. Die persönliche und berufliche Weiterentwicklung spielt eine zentrale Rolle bei der Wahl des Praktikumsplatzes. Oft suchen Praktikant:innen einen Betrieb, in dem sie im Nachhinein eine Ausbildung absolvieren können. Gehe in den Austausch und erörtere berufliche Möglichkeiten in Deinem Handwerksbetrieb.
- Sprich die richtige Sprache. Ob in der Stellenanzeige oder auf der Jobmesse: Vermeide unnötige Floskeln, denn auch Deine Mitwerber:innen werden „spannende Aufgabenbereiche“ und ein „sympathisches Team“ bieten. Setze stattdessen auf Originalität und lege den Fokus dort, wo sich Dein Betrieb von Mitbewerber:innen unterscheidet. Sei offen und sympathisch. Transportiere Emotionen, aber bleib stets glaubwürdig. Kleiner Tipp: Bewerber:innen orientieren sich an lokalen Unternehmen – warum versuchst Du es nicht einmal mit einer Stellenausschreibung im Dialekt. Etwas Lokalkolorit kann wahre Wunder wirken!